Autor: Ark
Datum: 28. Juli 2017
Gebiet: Port Vain
Von der Arroganz und anderen Schwaechen ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Seufzend wuehlte Roald Ahengaard in seinen Unterlagen. Wo waren nur die Pachtvertraege mit der Stadt? Er hatte sie doch erst neulich beim Sichten gesehen. Grummelnd stand er vom Tisch auf und kratzte sich ratlos am Kopf. Dabei wollte er jetzt endlich einschreiten und den alten Seebaer Hans Harkwind fuer unzurechnungsfaehig erklaeren lassen. Er sass sowieso den ganzen Tag in der schmierigen Kneipe am Hafen und versoff seinen Verstand. Da, nach einigem Wuehlen in den Schubladen seines Schreibtischs hatte er das Dokument gefunden. Nach einem kurzen Durchblaettern nahm er seine Lesebrille ab und ueberlegte. Von einem Zucken im Augenwinkel ging nun ein Laecheln aus ... so wuerde er es machen. Die Stadtraete auf seine Seite zu ziehen, um einen bei der einfachen Bevoelkerung akzeptierten Mann - mit einigen Verdiensten in der Vergangenheit, es liess sich nicht leugnen - aus seinem Kutter zu vertreiben, das sollte sich ohne grossen Umstand machen lassen. Ohne den Kutter waere Hans ohne Brot, damit haette er auch kein Zuhause mehr, auch in den Tavernen der Stadt wurden fuer ihn laengere Listen an Schulden gefuehrt. Ohne seinen Kutter waere er jedoch nicht mehr der Hans. Roald nickte entschlossen. Der alte Saufbold sollte seinen letzten 'Seemanns Koma' gesoffen haben. Vielleicht wuerde er ja ohne den erbaermlichen Alkohol wieder den Anstand eines ehrbaren Lebens finden. Einerlei ... zufrieden stand Roald auf, um sich sofort zum Rathaus zu begeben. Dort war er wohlbekannt, jeder verneigte sich mehr oder minder vor ihm. Man wuerde es sich ja auch nicht mit ihm verderben wollen, denn sein Einfluss war schon immens. Die Schublade schloss nicht richtig, irgendetwas klemmte. Ungeduldig ruettelte Roald Ahengaard an ihr ... was war denn da nur los? Er blickte leise fluchend hinein. Irgendein Papier hatte sich ueber die seitlichen Waende der Schublade geschoben, so dass man sie nicht mehr richtig schliessen konnte. Grummelnd zog er vorsichtig daran, das Papier schien alt zu sein, und alte Papiere, das wusste Roald, hatten meist ihren Wert. Schliesslich zog er das vergilbte Dokument heraus. Was war das? Ein Notenheft, in seinem Arbeitstisch? Er war sich sicher, dass es sich vorgestern noch nicht dort darin befand. 'Marlene? Schatz, warst Du an meinen Sachen? Hier ist so ein Notenheft, das ich nicht kenne. Marlene?' Seufzend oeffnete Roald die Tuer zum Schlafzimmer, wo er seine Frau vermutete. Doch sie war nicht anwesend. Dann fiel ihm ein, dass sie in die Stadt gegangen war. Da das Kindermaedchen gekuendigt hatte, war es nun wichtig, schnell jemanden zu finden, der auf die Kinder aufpasste. Er war nun wirklich beschaeftigt und selten zuhause. Unwirsch bemerkte er, dass niemand antwortete. Es war so still hier, dass man seinen eigenen Atem hoeren konnte. Nachdenklich blickte er auf die Noten. EINE FEUERWERKSMUSIK, das stand in roten Lettern auf dem Umschlag. Das Heft war aus bluetenreinem Papier, schien sehr rissfest zu sein und machte generell einen edlen Eindruck. Und dennoch ... der erste Gedanke blieb ihm haften: 'Wie kommen sie in den Schreibtisch?' Schulterzuckend ueberflog er die Noten. Roald Ahengaard war sicher ein ausgezeichneter Experte, was das Clavecin betraf, doch diese Musik war ihm fremd. Kein Komponist war auf dem Werk vermerkt, sehr sonderbar. Da seine Frau immer noch nicht antwortete, beschloss er, diese Partitur selbst einmal auszuprobieren. Seltsam erregt ging er ins Obergeschoss, nun nur noch das Musikzimmer im Kopf, er verspuerte nun einen aeusserst angenehmen Drang, die Noten auf dem Papier zum Leben zu erwecken. Im Zimmer angekommen, verschloss er die Tueren. Niemand sollte ihn jetzt stoeren, in solchen Dingen war Roald eigen, er brauchte Ruhe, um voellig entspannen zu koennen. Nur dann war er ein guter Clavecinspieler. Er betrachtete die Noten. Ein Zittern durchfuhr seine Haende ... war es die Aufregung? Seine Haende ruhten locker auf den Tasten, dann begann er das Spiel. Schmerz erfasste ihn. Es wurde heiss um ihn. Hoellisch heiss ...