Autor: Ark
Datum:
Gebiet: Knochentempel im Wyrmdhal
Der Schaedel der verkrueppelten Seele hob sich hoffnungsfroh, als das vertraute Droehnen erklang. Wie immer schwang das maechtige Gitter zur Seite und liess den Blick des Schmieds in die Dunkelheit der Schatten schweifen. Durchdringen konnte er sie nicht, doch da war etwas, was ihm Unbehagen bereitete. Waere er nicht laengst tot, er wuerde vor Angst davonlaufen ... doch dies war in seiner unendlichen Zelle nicht ratsam. Auf einmal wurde es eisig kalt im Raum, kaelter, als es die Einsamkeit der Schatten je sein konnte, deutlich spuerte er den Frost, der durch seine Knochen kroch, er schnuerte seinen vertrockneten Hals vollends zu. Eine Wesenheit schwebte naeher, etwas Boeses, Pulsierendes, das die Zeit stillstehen liess. Blutrot waberte der Geist auf ihn zu, eine unscharfe Huelle mit einer unheimlichen plastischen Fratze, an der die triefenden Faenge das wohl abstossenste Merkmal des Lebens darstellten. Nachtschwarze Augen musterten den Zwergenschmied: 'Willst Du immer noch nicht reden, Welpe ?' Schaudernd betrachtete Xhuluk seine zitternden Knochenhaende. Es war nicht leicht, die Kraft aufzubringen, dem Geist zu antworten, denn so gross war dessen Macht, dass er Blut und Zeit zum Stillstand bringen konnte. Ihm folgte eine seelenlose Huelle, zweifellos die unglueckliche Seele, die er an zahllosen Tagen verhoert und gequaelt hatte, bis aus dem Koerper ein inhaltsloses Gefaess wurde. 'Schau nur gut hin, mein Gebieter ist weit weniger geduldig als ich. Ich fordere Dich zum letzten Mal auf, mir den Hammer zu geben. Wisse, dass ich nicht zweimal fragen werde.' Drohend weiteten sich die Augen des vampirischen Geists, der allseits als der "Herzzeitlose" von den Priestern Hels gefuerchtet wurde. Xhuluk Splitterschild wusste, dass er verloren hatte. Auch die letzte Hoffnung wurde ihm nun genommen. Anfangs versuchte es Mihail mit Nachsicht und geheuchelter Freundschaft. Xhuluk durchschaute das jedoch sofort. Es folgten Drohungen, Erpressung und Folter. Xhuluk duldete es mit der stoischen Ruhe, die ihn bereits durch so manche Pruefung des Fahlen Totenheilers gefuehrt hatte. Eines Tages wuerde er Rache nehmen ... eines Tages ... Doch der Tag ... der Tag der Abrechnung, den er so oft in seiner einsamen Phantasie durchlebt hatte, er entzog sich dem Zwerg, immer weiter verschwand er aus der Vorstellungskraft, bis sein Licht im trueber werdenden Verstand des Schmieds erlosch. Das letzte Privileg, seine Schmiede, die der oberste Diener Hels hier im Knochentempel fuer ihn errichten liess, sie wurde ihm genommen, weil seine Weigerung, den Seelenpriestern zu dienen, Mihail zu immer grausameren Strafen reizte. Und so kam es, dass er nur noch den Herzzeitlosen zu ihm schickte, wohl wissend, wie seine Seele nach dem koerperlichen Leben auf die abscheuliche Groteske reagieren wuerde. Das pulsierende Blut, welches durch die wabernde Huelle schoss, erinnerte ihn an seinen Herzschlag, als sein Koerper mehr war als das Gebilde aus Knochen und Hautfetzen, die seine Seele nun beherbergten. Xhuluk griff an seinen Hals ... unter der faltigen Haut fuehlte er die duenne Kette, die ein mitleidiger Magier einst unter ihr verbarg. Mit einem Ruck riss er sich den Hals auf und brachte den Anhaenger zum Vorschein, nach dem der Herzzeitlose trachtete. 'Hier ist er ... und nun lasst Lennai ihre Reise antreten.' Der Koerper des Zwergs zuckte unkontrolliert, als die geisterhafte Hand des Herzzeitlosen gierig nach der Kette griffen. Stumm hielt der Schmied dem Schmerz stand, jeder Widerstand wurden vom Geist grausam bestraft. Ein kurzes Flimmern umgab den Geist, Xhuluk fuehlte, wie seine Glieder taub wurden ... immer schwerer konnte er sie bewegen, bis die Zeit stillzustehen schien und sein Herz aufhoerte zu schlagen. Der Herzzeitlose murmelte unverstaendliche Worte ... hinter ihm sah Xhuluk ploetzlich die Schatten zweier Seelenpriester wie aus dem Nichts auftauchen. Der Geist uebergab beiden die Kette, an deren Ende sein Hammer hing. Mit einigen Gesten entfernte einer der Priester die Verzauberung, die auf der Kette lastete ... und hielt ploetzlich seinen Schmiedehammer in der knochigen Hand. Als die Priester in den Ewigen Schatten verschwanden, zog sich auch der unheimliche Geist langsam aus seinem Gefaengnis zurueck. 'Meine Belohnung ...', murmelte Xhuluk muehsam, als sich seine Glieder langsam wieder bewegen liessen. Ein letztes Mal drehte sich der Herzzeitlose um, erfasste die Seele des Schmieds mit unbarmherzigem Strahlen seiner roten Augen. 'Du wagst es ? Harre aus, und Du wirst belohnt. Sei geduldig, und die Gnade ist Dein. Verhalte Dich gefuegig, und Dir wird nichts geschehen.' Mit diesen Worten verschwand die Kaelte aus dem endlosen Gefaengnis, und die Einsamkeit kehrte wieder ein. Lennai, die arme Seele, die versucht hatte, ihn zu befreien, wurde von den Priestern auf ihre letzte Reise geschickt. Sie verschwand in der Transzendenten Passage, so wie es der Zwerg erhofft hatte.