Autor: Arathorn
Wo: Irgendwo im Nablasumpf
"Werter Herr!" Ich zuckte beim Klang der Worte zusammen. Es war dies die Stimme einer mir bis dahin unbekannten Person, die im selben Moment hinter einem Baum hervortrat, eingehuellt in ein angesichts der geringen Koerpergroesse riesiges Grizzlyfell, dessen Schaedel der Mann als Kopfbedeckung trug. Ich musterte den Unbekannten von Kopf bis Fuss, um zu ergruenden, wen ich denn vor mir haette. "Ich bin ein reisender Schamane," stellte er sich vor. Meine Verwunderung war wohl zu offensichtlich: "Mein Name ist Chinkuwaila." "Willkommen," antwortete ich, "Ihr seid mir unbekannt, seid Ihr neu hier in diesen Landen?" Er bestaetigte mir dies in hoeflichen Worten: "So ist es. Ich hatte noch nicht das Vergnuegen, diese Region der Welt zu besuchen.Ihr hinge- gen scheint Euch hier gut auszukennen. Wisst Ihr nicht einen Platz, an dem ich zumindest eine Zeitlang rasten koennte?" Ich fragte ihn, ob er bestimmte Anforderungen an seinen Lagerplatz stelle, doch er meinte, eine Lichtung von mittlerer Groesse im Wald sei ausreichend fuer sein bescheidenes Zelt. "Euer Zelt?" fragte ich erstaunt, denn ich sah nirgends einen Wa- gen oder auch nur die Andeutung von Handgepaeck. Ausser dem Fell trug er lediglich einen ledernen Anzug und leichte Schuhe, einen einfachen Wanderstab hatte er in der Hand. "Wundert Euch nicht, ich verfuege ueber gewisse Faehigkeiten, meine Habseligkeiten vor allzu neugierigen Augen zu verbergen." Ich nickte und bedeutete ihm, mir zu folgen. Denn ich kannte nicht weit von besagtem Ort, an dem er mich angesprochen hatte, eine Lichtung in einem seichten Sumpfauslaeufer, die in meiner Erinnerung perfekt seinen Wuenschen zu entsprechen schien. Wir fanden sie zwar schon merklich von der Natur zurueckerobert vor, jedoch brauchten wir nur einige duerre Buesche und einiges Laub wegzu- raeumen, um einen geeigneten Zeltplatz zu schaffen. Als wir fertig waren, nahm er in der Mitte der Lichtung platz und begann, einige arkane Zaubersprueche zu murmeln, ich konnte jedoch nichts genaues verstehen. Kurz bevor er endete, bemerkte ich lediglich eine leichte Luftverzerrung hinter einem nahegelegenen Gebuesch, die sich mit seinen letzten Worten zu einem kleinen Karren materialisierte. Er laechelte mich mit seinen funkelnden Goblinaugen an: "Ihr seht, ich habe nicht zuviel versprochen." Seinem Wunsch, ihm mit einigen Handgriffen bei der Errichtung sei- ner Behausung behilflich zu sein, kam ich gerne nach. Es war ein uner- wartet geraeumiges Zelt, dessen nach Sueden gerichteten Eingang er mit diversen Kultgegenstaenden ausstattete. Anschliessend erklaerte er, sich zurueckziehen und sein neues Domizil einrichten zu wollen. Kurz bevor er hinter dem Eingang seines Zeltes verschwand, drehte er sich noch einmal zu mir um und sprach: "Vielen Dank, mein Herr. Ich weiss Eure Gastfreundschaft sehr zu schaetzen. Falls Ihr erfahrt, dass jemand aus Eurem Volk die Dienste eines in der Kunst des Wahrsagens bewanderten Schamanen benoetige, so zoegert nicht, diesen zu mir zu schicken. Es waere mir eine Freude, mich fuer die von Euch gezeigte Freundlichkeit gefaellig zu erweisen. Ihr werdet mich zu den meisten Tages- und Nachtzeiten hier in meinem Zelt antreffen." Mit diesen Worten trat er in die duestere Atmosphaere seines Zel- tes. Ich murmelte noch eine kurze Verabschiedung, erhielt jedoch keine Antwort mehr... *------------------------------* Dies ist die Begebenheit, die ich Euch nicht vorenthalten woll- te, liebe Freunde. Ich kann nicht sagen, ueber welche Faehigkeiten der Schamane verfuegt, jedoch bin ich sehr gespannt auf die Berichte, die uns sicherlich bald ueber diese ueberaus geheimnisvolle Person erreichen werden. Denn die Ortskundigen unter Euch haben besagte Lich- tung zweifellos wiedererkannt. Viele Gruesse, Arathorn. P.S.: Behandelt diesen Einsiedler bitte mit dem gebuehrenden Respekt, so, als waere er Euer eigener Gast.