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Die Maya - Vergessenes Volk?

- von Zaphob -

Ich schlenderte fröhlich beschwingt aus der Kneipe, da ich wieder einige Waffenknechte im Gelage unter den Tisch gesoffen hatte. Diese Trottel ahnten noch nicht, dass Übung hier den Meister macht, und das nicht nur im Kampf. Im Siegestaumel muss ich auf einem Blutfleck ausgerutscht sein, und näherte mich Trina unbeabsichtigt schon auf weniger als eine Armlänge Abstand, als sich wohl auch noch meine Adamantschuhe verhedderten. Jedenfalls rempelte ich Trina unsanft an und ging tatsächlich zu Boden, was sie mit einem abschätzigen Blick quittierte, und grinsend „Männer..!“ von sich gab. Brieseltrim muss das aber gehört und als Aufruf zur Schlacht missverstanden haben, denn er schreckte plötzlich hinter den Papierstapeln auf seinem Schreibtisch hervor:

„WER MACHT DA SOLCHEN KRACH?

HERRGOTTSAKRAJOFUNDZOOKGENÄHT!1!

WIE BIST DU ÜBERHAUPT SEHER GEWORDEN?“

Er wusste genau, wo er mich treffen konnte. Immerhin kannte er mich fast mein ganzes Leben. Bereits mit der fünften Stufe war ich von den hochglänzenden Prospekten der Rekrutierungsstelle in Port Vain angelockt worden und hatte die Musterung artig über mich ergehen lassen. Unerwartet harsch gingen meine Ausbilder dann mit mir um. Heute weiß ich, dass sie Recht damit hatten, mich zu bemitleiden. Immerhin hatte ich überhaupt keine großen Kampferfahrungen vorzuweisen oder auch nur halbwegs ausreichend Zaubertränke gefunden. Tatsächlich hatte zu dieser Zeit überhaupt noch niemand vom inzwischen sagenumwobenen Orakel von Tingan auch nur gehört, das heutzutage so vielen jungen Abenteurern hilft, den rechten Weg zur Stärkung des eigenen Charakters finden zu können.

Brieseltrim riss mich aus meinen Gedanken. Ich musste wohl zwei oder drei Augenblicke zu lange in der Gegend herumgeschaut haben, denn er erkannte meine Situation sofort. „WOHL WIEDER ZU VIEL GESOFFEN?! ES REICHT! DU WIRST JETZT DIE MAYA AUSKUNDSCHAFTEN!“ Während ich langsam aufstand und mir den Staub abklopfte, konnte ich nur nickend zustimmen. Trina würdigte mich keines Blickes mehr. Auch der Chef verschwand schon wieder im Büro. Nur Hondam warf mir aufmunternde Blicke zu, aber aus der Nummer konnte er mich nun auch nicht mehr befreien. Ich musste mich erstmal sammeln.

Die Maya? Das Dschungelreich war bereits damals ausgiebig erkundet worden. Immer wieder hatte insbesondere Rikus nach Freiwilligen gesucht, die sich auf den beschwerlichen Weg machen sollten, um ihm und der Welt dann Bericht zu erstatten, welche Pflanzen, Tiere und menschlichen Kulturen ihnen begegnet sind. Leider kehrten viele Forschungstrupps gar nicht mehr von dort zurück. So verbreiteten sich hierzulande nur Gerüchte und Horrorgeschichten, aber genaue Fakten blieben aus.

Es war im Jahre drei des Jof, als die Kunde von einem gewaltigen Orkan die Runde machte. Es hieß, er habe große Bäume ausgerissen und einen Weg freigelegt, der bislang nicht zugänglich war. Ich hatte das selbst kaum mitbekommen. Viel zu gefährlich schien diese Gegend zu der Zeit. Aber seitdem war viel passiert. Gute zehn Jahre später begannen wir sogar, diplomatische Beziehungen mit einem Stamm intelligenter Katzenwesen aufzunehmen, die dort aus dem sprichwörtlichen Unterholz gekrochen kamen. Der Witz ist, dass sie sich selbst sogar heute noch teilweise für Krieger halten oder zumindest so genannt werden wollen, hahaha. Aber gut. Vielleicht war der Stamm der Maya sogar ähnlich gestrickt und sie könnten für uns eines Tages nützliche Verbündete werden. Nun sollte ich mich also selbst auf Expedition begeben und hier ein für alle Mal für Klarheit sorgen.

Die Horrorgeschichten erwähnten bedrohliche Kerle mit schweren Waffen, die im Dschungel gesehen worden waren, also begab ich mich freudig gespannt dorthin, denn Waffen sind auch mein Hobby. Ob sie sie mir wohl mal ausleihen würden? Vor Ort angekommen sah ich die Spuren der Verwüstung mit eigenen Augen. Offensichtlich hatten die Maya ein harmloses Dorf angegriffen, ausgeraubt und verwüstet. Nicht sehr ehrenhaft. Die meisten Krieger mussten seitdem schon weitergezogen sein. Nur ein einzelner Vertreter war noch aufzufinden und er hatte nichts Besseres zu tun, als einem Jungen das Spielzeug zu klauen. Wirklich fragwürdige Moral. Er versuchte das noch mit religiösem Eifer zu rechtfertigen, während ich ihn schließlich überzeugte, ihn doch lieber wieder abzugeben. Außerdem ließ er mich sein Schwert begutachten, das eine erstaunlich scharfe Klinge aufwies. Ich fand es ähnlich gefährlich wie die Schwerter der Feuerriesen, natürlich ohne den feurigen Firlefanz, aber dies weckte mein Interesse, nun doch mehr über dieses seltsame Völkchen zu erfahren. Wenn schon unmoralische Balljungen mit solchen Waffen herumstreunen dürfen, wie gut müssen die tatsächlichen Krieger ausgestattet sein? Hoffentlich mit mehr als bloßem südländischen Charme und Interesse an Spielzeug. Ballspiel als Religion zu betrachten ist aber auch wirklich eine seltsame, absolut an den Haaren herbeigezogene Schnapsidee. Naja, andere Völker, andere Sitten.

Für alle, die mir nacheifern wollen, sei gesagt: Der Dschungel kann wirklich eine gefährliche Umgebung sein. Man bereite seine Ausrüstung auf rasche Wetterumschwünge vor. Die hinterlassene Verwüstung des Orkans war noch immer wahrnehmbar. Die Witterung war allgemein nicht sehr einladend und ich spürte eine tiefe Erkältung herankriechen. Doch gab es auch weitere Gefahren, beispielsweise einen dreckigen, morastigen Fluss, in dem bestimmt schon mehrere Forschungstrupps ihre Ausrüstung verloren hatten, oder noch mehr. Dreckig war auch der unglaubliche, nie da gewesene Wucher, den der Fährmann an den Tag legte, der hier ganz dreist seine Monopolstellung ausnutzt, wenn man diesen Fluss dann doch überqueren will. Er wollte sich nicht einmal zur Unterhaltung während der Überfahrt mit mir duellieren. Pah, soll er seinen Reichtum dann eben für sich behalten...

Im dichten Dschungel kann man sich durchaus auch schnell verirren, so dass es sich wie immer empfiehlt, eine Spur von bspw. Brotstückchen zu hinterlassen, um den Rückweg nicht aus den Augen zu verlieren. Hierbei sollte man aber aufpassen, dass die Brote nicht von Kleintieren geschnappt und weggefuttert werden, sonst wäre die Mühe umsonst. Im Zweifel helfen harte Münzen. Sowas können kleine Ameisen nicht wegtragen, aber flinke Affen könnten vielleicht Gefallen an solch funkelndem Kleinod finden. So hat alles seine Vor- und Nachteile und man muss seine Wahl an die Situation und Umgebung anpassen. Die Umgebung kann dabei durchaus kreativer gemeistert werden. Schon in der Nähe von Katzmandu musste ich den festen Boden manchmal hinter mir lassen und über Bäume klettern, um zum Ziel zu kommen. Dies war tatsächlich keine Seltenheit. Man bringe also bequemes Schuhwerk! Hierbei gilt es aber im Zweifel auch schnell zu reagieren, falls der Boden verdächtige Knackgeräusche machen sollte. Auf diese Weise schloss ich schon Bekanntschaft mit einem anderen Stamm, doch davon soll ein anderes Mal berichtet werden.

Meine Gedanken schweiften immer weiter ab und ich erinnerte und träumte von einer Zeit, als ich beschwingt durchs Struv tanzte, eine Armlänge an Hondam vorbei, bis hin zu Trina, die mir einen aufmunternden Blick zuwarf, als ich sie zu einem Gelage einlud. Oder trog mich meine Erinnerung? Die Hitze machte mich langsam mürbe. Vielleicht lag es ja daran, dass ich nicht ahnte, was mir bevorstand, als ich mich plötzlich von einer Gruppe Maya-Krieger umringt wiederfand. Ihre Überzahl schien ihnen gut zu gefallen. Sie versuchten sich gegenseitig darin zu übertrumpfen, mir Drohungen und Beleidigungen an den Kopf zu werfen. Leider waren diese nicht annähernd vergleichbar mit der Finesse, die Hinter List uns hierfür nahelegt. Ich musterte sie und ihre Waffen kühl, entschied mich dann aber für eine taktische Übung, die ich einst in einem alten Buch las. Ich will hier nicht groß drauf eingehen, aber tatsächlich würde sich das Training des waffenlosen Kampfes bald bezahlt machen. Die Maya führten mich also in ihr Dorf und zeigten mir und meinen Habseligkeiten jeweils getrennte Aufenthaltsbereiche. Da meine Ausrüstung aber schnell Heimweh bekommt, musste ich das Arrangement kurzfristig beenden. Die Maya schienen eher überrascht. Insbesondere ein Priester bestand lauthals darauf, zunächst einige Spenden zu erhalten. Ich spendete ihm lautes Klatschen, aber keinen Applaus. Der Stab des Priesters wirkte stabil, aber nicht allzu schwer und sicherlich kaum ernsthaft als Waffe zu gebrauchen. Keine Ahnung, ob er magische Fähigkeiten verbirgt. Dazu konnte ich den Priester nun leider nicht mehr befragen.

In der Nähe hielt ein Krieger Wache, der einen höheren Rang als seine Kumpane inne zu haben schien. Jedenfalls ließ seine Ausrüstung darauf schließen. Besonders gut gefielen mir seine eisernen Kettenhandschuhe, denn gute Handschuhe sind ja recht selten. Hier zeigte sich eine erstaunliche Schmiedekunst der Maya, denn die kleinen Eisenketten schützen sehr gut im Kampf. Ich habe leider nicht herausfinden können, wo sie diese Schmiedekunst vollbringen. Ebenfalls habe ich keinerlei Hinweise auf Lederverarbeitung im Dorf finden können, und dennoch hatte der Maya ein schickes Paar an schwarzen Lederstiefel dabei. Dieses schien ebenfalls sehr gut verarbeitet und andererseits auch schick anzusehen, so dass ich es als Geschenk für Trina eingesteckt habe. Sie würde sich sicherlich über einige Unterstützung beim Kampftritt freuen, und es gut in ihren Stil integrieren können.

Von ungewöhnlichen Geräuschen angelockt, gelangte ich an eine Art Tempel, der über eine wirklich wirre Architektur verfügte. Die Kultur der Maya erstaunte auch in dieser Hinsicht. Andererseits lagen überall seltsame Überreste verstreut, die mich verdutzt zurück ließen. Waren die Maya womöglich ihrerseits angegriffen worden und Opfer einer Verwüstung geworden? Das wäre nun wirklich ironisch, nachdem sie selbst zuvor Tihanaco in bemitleidenswertem Zustand zurückgelassen hatten.

In einer Ecke fand ich einen dicken schlafenden Zwerg, der mir irgendwie bekannt vorkam. Ja richtig, das war doch dieser abtrünnige Trves, der zu den komischen Katzenkriegern übergelaufen war. Ob Brieseltrim ihn ebenfalls hier auf Erkundung geschickt hatte? Handelte es sich bei seiner frevelhaften Tat bloß um eine Undercovermission, um die felinen Geheimnisse auszukundschaften? Ich wollte Abstuerzili ausgiebig befragen, aber er reagierte nicht auf meine direkte Ansprache, schnarchte und sabberte bloß vor sich hin. Da fiel mir endlich auf, was hier geschehen sein musste, denn auch ich hatte schon einmal Besuch vom Partymonster! Anscheinend verehrten die Maya hier Götter, die gut auf Alkohol zu sprechen waren. Um ihnen würdig zu huldigen, taten die Priester es ihnen gleich. Ich begutachtete die Überreste der letzten heiligen Messe. Es musste hoch her gegangen sein. Der einzig anwesende Priester konnte mir kaum Rede und Antwort stehen, hatte allgemein Schwierigkeiten gerade stehenzubleiben oder auch nur einen Satz gerade zu Ende zu bringen. Auch seine Ausrüstung erschien mir ziemlich heruntergekommen. So sahen keine würdigen Krieger aus. Ob Bruno sowas akzeptieren würde? Ich machte mir eine Notiz, bei meiner nächste Reise nach Akhar Nth'tar einen kleinen Abstecher zu ihm zu unternehmen. Er sucht doch immer nach Gesellschaft.

Kopfschüttelnd ging ich meine Wege und durchquerte die übrigen Räumlichkeiten. Ich fand weitere Ritualstätten, die anderen Gottheiten gewidmet waren. Geschicklichkeit spielte einmal die Hauptrolle. Anderswo schien Gold sehr angesehen. Tatsächlich hatte sich einer der Krieger in eine Rüstung aus Massivgold begeben. Die Kunstfertigkeit seiner goldenen Maske überragte allerdings sein kämpferisches Können. Erneut stellte sich die Frage, wie die Maya solche Gegenstände herstellen konnten. Die Klinge des Schwertes wirkte anders verarbeitet als der restliche Korpus, obwohl sie bei genauerer Prüfung ebenfalls aus Gold bestand. Durch die besondere Verarbeitung ermöglichte sie einen brachialen Schaden, den ich in dieser Form eher von diamantenen Klingen erwarten würde, wie man sie bei den Drachen der Goblins nahe meiner Heimatstadt bewundern kann. Allerdings stellte sich das goldige Material auf Dauer dann doch als zu weich dar, so dass es in richtigen Kämpfen auf die Probe gestellt nicht lange seine Form halten konnte, und bald schon verbogen war. Mein Schleifstein war da machtlos. Dennoch handelte es sich um ein schönes Schwert, zumindest um damit herum zu flanieren und neidische Blicke auf sich zu ziehen, wem daran etwas liegen mag. Vielleicht würde ich dieses Mitbringsel an Gramdala vermachen. Sie nimmt meine Geschenke immer gern entgegen.

Beim Gedanken ans Struv ergriff mich das Heimweh. Viel zu lange war ich schon hier. Sicher hätte ich noch länger bleiben können. Andererseits betrübte mich die derzeitige Verfassung des Stammes. Von der Kriegskunst der Maya konnte ich nur Bruchstücke erahnen. Die Krieger trugen halbwegs brauchbare Ausrüstung, aber sie waren nicht zahlreich genug, nicht trainiert genug, und letztendlich auch nicht diszipliniert genug, um wirklichen Respekt zu genießen. Die Priester umgaben sich hingegen mit Bruchstücken ganz anderer Art. Unfassbar, wie heruntergekommen die Tempelanlagen aussagen. Die Maya müssen wirklich eine glorreiche Vergangenheit gehabt haben, die sie auch heute noch ausgiebig feiern, aber die Ursachen sind über die Jahre verloren gegangen. Ihre einst womöglich glorreiche Kultur schienen sie größtenteils vergessen zu haben. Die aktuellen armseligen Auswüchse begünstigten Feigheit, Verschlagenheit, Übermut, Völlerei und Gier. In diesem Zustand wollte ich ihnen keinerlei Pakt mit dem Koru Tschakar Struv anbieten. Da gibt es sicherlich lohnenswertere Verbündete.

Ich wollte nur noch heim. Gesagt, getan. Trina schien über mein Mitbringsel etwas verwundert und wusste nicht so recht, wie sie reagieren sollte. Dabei steht sie auf mich, das spür ich genau, denn ich habe das mit dem Frauen verführen echt raus. Sie macht jetzt natürlich so auf nicht interessiert, dabei will sie erobert werden, das habe ich schon kapiert. Nur ihr Temperament geht öfter mit ihr durch, stößt sie mir freundschaftlich ihre spitzen Ellbogen in die Rippen, ich hoffe nur, das wird sich bald geben, wenn wir uns näher kennenlernen. Aber zuerst gehe ich jetzt in die Struv-Kneipe. Es warten wieder neue Rekruten, die noch nie ein zünftiges Gelage erlebt haben. Sie werden meine neuen Trinksprüche bewundern und gespannt den Geschichten lauschen, die ich aus dem Dschungel mitgebracht habe. Niemals werde ich die Maya vergessen, aber den ganzen Tag selbstgefällig besaufen? Hahaha, das könnte uns nicht passieren. Nein, wir können jederzeit aufhören!

Wurstseher Zaphob, im zwanzigsten Dienstjahr

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