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Respekt gegenüber andersrassigen Struvkameraden – ein Plädoyer

- von Blutgier -

Kommandant! Das Ende meiner Ausbildung naht, sozusagen der Höhepunkt meiner Kampfkunst. Dazu habt Ihr mir den Auftrag gegeben, mich meinen Kameraden und Wegbegleitern zuzuwenden und meine Erfahrungen und Erlebnisse in einem Bericht niederzuschreiben, auf dass die noch jungen Krakh’Getres davon profitieren mögen.

Lange sammelte ich Zeugnisse von Verhalten, Fähigkeiten und Präferenzen der andersrassigen Trves. Es traf sich, dass ich mannigfaltig auf meinen Reisen darüber nachdenken musste, denn eher zufällig und unbewusst kam ich genau auf dieses Thema zu sprechen, als ich meine langjährige Heimatstadt Ahmpang, die Stadt der Bettler, besuchte und unfreiwilliger Gast von Vessel Dhayme, des Potentaten der Metropole am großen Salzfluss, wurde. Mein Gespräch mit ihm, normalerweise eher unerfreulich, gebe ich nur soweit wieder, als es dem Thema meines Berichts genügt, denn ich will niemanden mit meiner Historie unnötig belästigen.

Der Bettelkönig ist ein sicherlich nicht repräsentativer Vertreter seiner menschlichen Rasse, ein feister Tyrann, den wirklich nur das Gewicht seines eigenen Säckels berührt. Nach dem unvermeidlichen Austausch nicht sehr ernst gemeinter Höflichkeiten wollte mich der träge Sack mit einer recht spitzen Bemerkung zu meiner Kindheit aus der Reserve locken.

Vessel Dhayme räkelte sich mühselig im samtigen Kissen zurecht:

‚Wie man hört, rasieren sich ja schon die weiblichen Zwerge die Beine, nur um ja nicht aufzufallen, sollte man sie in den dunklen Absteigen der Stadt versehentlich für attraktive Huren halten. Sehr weit kann es ja nicht mit dem zwergischen Stolz bestellt sein, falls sich Eure Rasse so ihr täglich Brot verdient.‘

Schäumend vor Wut begrub ich meine Ätzaxt in dem teuren Mahagonitisch, der, so wurde mir zugetragen, ein wahres Vermögen wert sein muss. Nur mit Mühe konnten mich seine Schergen, der hagere Steward und das schleimende Schwein Winslow, zurückhalten. Nachdem ich mir einige blaue Flecken eingehandelt hatte, beruhigte ich mich wieder, die Raserei verebbte langsam wieder.

Unwillig grunzte der selbsternannte König von Ahmpang, als er mich murrend in den Ketten sah, die sich um meine Arme spannten. Sie störten mich nicht, doch ich sah seine Besorgnis.

‚Blutgier, einmal noch missbraucht Ihr meine Gastfreundschaft, dann fressen Eure Knochen die Kristallstöre im Fluss. Sind alle Zwerge bei den … wie nanntet Ihr Euren neumodischen Kult … Turfes … so unbeherrscht wie ihr?‘ Unwillkürlich musste ich lachen, das befreite mein Gemüt ein wenig und ließ mich entspannen:

‚Ihr blökt wie ein Schaf und grunzt wie ein Schwein. Die Ntoo’hl von Akhar Nth’tar würden Euch nicht mal als Zuchtbulle missbrauchen, aus Angst vor den Missgeburten. Die edlen Trves, denen ich angehöre, sind eine Gemeinschaft, die vereint, nicht entzweit, wie Ihr es aus Machtgier bevorzugt.

Ich kenne nun viele Kameradinnen und Kameraden, die, wenn sie ausgebildet sind, Euch und Euren Spießgesellen ein schmerzhaftes Ende bereiten werden.‘ Ein schallendes Lachen unterbrach meinen Redefluss:

‚Ha … Ihr und Eure … Armee? Dass ich nicht lache. Ein Häufchen Zwerge mit Stummelbeinchen, wie jämmerlich.‘

Darauf hatte ich nur gewartet:

‚Weit gefehlt, Vessel. Das ist vielleicht Euer letzter Fehler, davon in der grenzenlosen Arroganz Eures Wesens auszugehen. Die Trves sind nicht die Zwerge und die Zwerge sind nicht Trves. Wir heißen Hobbits, Felinen, Elfen und auch Menschen willkommen, vorausgesetzt, der Grad der Degeneration ist noch nicht so fortgeschritten wie bei Euch. Sie dienen allein den Idealen des Koru Tschakar, sind neutral von Gesinnung, doch leidenschaftlich, wo Unrecht herrscht, so wie in Ahmpang, von Euch fälschlicherweise als Eure Stadt bezeichnet.‘

Sichtbare Verblüffung brachte das fettige Teiggesicht des Fettwanstes zum Leuchten:

‚Also das glaube ich nicht … jeder weiß doch, dass die Baumknuddler nicht mit den Steinfressern können, und welcher vernunftbegabte Mensch gibt sich schon mit kindlichen Pelzfüßen ab? Von laufenden Muschis habe ich schon gehört, aber die findet Ihr nur wohlbewacht zwischen den sehr kräftigen Schenkeln der Amüsierbetriebe im östlichen Teil der Stadt, entlang der Malariastraße.‘

Erneut spürte ich, wie mich die Wut übermannte, doch schnell gewann meine gute Ausbildung die Oberhand. Ich beschloss, nur mit Worten mein Gefecht zu führen, da ich mir des Sieges mit Waffen ohnehin gewiss sein durfte: ‚Vessel, Ihr wisst nicht, wovon Ihr sprecht, es sei Eurer Vergangenheit ein wenig nachgesehen. Ihr durftet nicht mit Legenden wie der Hammerhand McDee oder dem kampfspringenden Zwerg Gnome kämpfen, deshalb kann ich verstehen, dass es Eurem kleinen Verstand entgeht, wie perfekt wir Zwerge mit Äxten und Hämmern oder Keulen zu argumentieren verstehen.‘

Nun holte ich weiter aus, denn dieses bleiche Weißgesicht sollte mir nicht nochmal so frech in die Parade fahren, Krone hin oder her:

‚Vergesst nicht, dass mir die Gemeinschaft der Trves hat lernen lassen, sei es in der Ausbildung oder im Kampf gegen fürchterliche Gegner.

Hättet Ihr die Geschmeidigkeit meiner katzenhaften Schülerin Derin sehen können, würden sich Eure schwülstigen Pustellippen verschämt schließen. Felinen sind nicht nur äußerst geschickt im Umgang mit Kampfstäben, die Ihr so häufig als stumpfe Zahnstocher zu verhöhnen wisst, sie schlagen auch öfter in Euer ekelhaftes Grinsegesicht. Derin ist jüngst in die Ränge der Prolkh’Weths aufgestiegen, sie wird ihren Weg in der Gilde der Trves machen, wie ich auch meinen gemacht habe. Ihr werdet vielleicht noch von Ihr hören, denn auch wenn die Abkömmlinge Katzmandus nicht gerade die Ausdauerndsten sind, durch ihre Intelligenz und Geschwindigkeit machen sie dies in jedem Kampfe wett. Ihre Spezialwaffen, die Kryzz, vermögen Euch die Nase in Brei zu verwandeln, ehe Ihr die Augen öffnen könnt. Ich sage Euch, unterschätzt eine Feline und ich werde mich freuen, Eure massigen Reste von der Straße zu kratzen … besser: zu schaufeln.‘

Offenbar hatte mein Redeschwall den unförmigen Sack von einem Menschen ein wenig nachdenklich gemacht. Unsicher fragte er:

‚Ach, aber die Elfen, denen haltet Ihr mittlerweile auch die Treue? Ich bin ein wenig schockiert ob Eurer Scheintoleranz, das gebe ich zu, aber soweit kann es doch nicht her sein damit, oder verbündet Ihr Euch nun auch mit den Spitzohren? Sie sind Betrüger und Schmeichler, viele Handelshäuser schicken sie mir als Unterhändler, doch ich werfe sie allesamt wieder aus meinem Palast.‘

Als ich leise lächelte, traf mich ein Spritzer einer roten Traube auf der Backe, die Fressmaschine hatte begonnen, sich aus seinem recht erstaunlich gesunden Vorrat an Früchten auf dem beschädigten Tisch zu bedienen: ‚Dasch ischt allesch rescht gut und schön, nur isch glaub dasch nischt so gansch. Wasch können Elfen denn auscher lügen und betrügen?‘

Ich wartete mit meiner Antwort, bis der mächtige Verdauungsapparat des wurstigen Stadtschinders die Arbeit an den Früchten fortsetzen durfte: ‚Einen meiner ersten Tode erlebte ich tatsächlich als Auszubildender des unvergessenen Brotnael, damals seines Zeichens Takal’Mor. Stets an vielen Abenteuern im Morgengrauen beteiligt, ist er mittlerweile in die Dienste Kandris getreten. Von ihm, dem Meister der Kzrok, lernte ich, dass der Tod erst der Anfang ist, der Anfang für ein Leben voller Chancen, auch wenn es schmerzhaft und unter Entbehrungen beginnt. Doch er starb gleichzeitig mit mir, und so war es mir Trost und Ansporn zugleich, dem Drachen, der uns mit seinem Feuer richtete, die tödlichen Flammen zu löschen. Dabei nutzte Takal’Mor Brotnael Kraft seiner hohen Intelligenz sehr effizient den Singenden Speer, den er furchtlos vor dem Drachen aufhob und ihn gnadenlos dem Untier in den Rachen schob, woraufhin es elendiglich verreckte. Spottet also nicht weiter über die Elfen des Struv.‘

Da ich wusste, dass Vessel Dhayme auch heimatlose Elfen als Bedienstete beschäftigte, zählte ich auf die zahllosen spitzen Ohren, die unserer so intensiven Konversation zweifellos lauschten. Sicher werden sie diese Worte anstacheln in dem inneren Widerstand gegen ihren selbsternannten Herrscher. Mein schwabbelndes Gegenüber muss meine Gedanken erraten haben, denn er versuchte, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken:

‚Schön schön, kämpfende Spitzohren mit Herz, rührselige Geschichten, Wein, Weib, Gesang, wunderbar. Es sind seltsame Zeiten, wenn sich die Bartträger mit den Bleichhäuten verbünden, aber sie werden vergehen. Doch sagt mir, Ihr werdet doch nicht auch noch die kleinen, untersetzten Fressmäuler kennen, die sich Hobbits nennen?‘

Langsam begann ich zu nicken, denn ich wusste, langes Schweigen würde ihn wahnsinnig machen. So war es auch:

‚Was soll das heißen? Langweile ich Euch? Ihr habt doch von Eurer absolut armseligen Trives-Gemeinschaft angefangen oder nicht? Also antwortet!‘

Ich räusperte mich ein wenig:

‚Natürlich kenne ich auch die tapferen Hobbits, besonders einen, der bald ebenso wie ich unter die Zalkh’Batar des ruhmreichen Struvs gehören wird. Den gerissenen Terry …‘

‚Euren Hund??‘

Ein brüllendes Gelächter unterbrach mich, gefolgt von einem lauten und recht schallenden Schenkelklopfen.

‚Das ist nicht wahr, oder?‘

Ein eisiges Schweigen brachte den König der Bettler schließlich zur Ruhe: ‚Ich glaube, Ihr seid Euch nicht der Tatsache bewusst, dass diese kleinen Wesen es zur höchsten Meisterschaft im Umgang mit den kleinsten Waffen gebracht haben, die das Struv kennt. Messer und Dolche sind …‘

‚… hervorragende Schnitzel- und Steakwaffen. Herrgott, diese kleinen diebischen Fuzzelgnome, diese Fußpelzbrüder, wie ich sie hasse.‘ Dieser erneute Ausbruch ließ mich kalt. Nach einer Weile hatte sich der hysterisch lachende Herrscher wieder einigermaßen unter Kontrolle, so dass ich fortfahren konnte:

‚Ich an Eurer Stelle wäre nicht so arrogant. Mit den Dolchen unserer Welt können sie Euch Eure stinkenden Hoden abtrennen und die Eingeweide aus dem fetten Wanst holen, ohne dass Ihr sie je zu Gesicht bekommt. Gegen die Riesen dieser Welt sind die Kleinen hervorragende Teamkameraden.‘

Abrupt verstummte das hämische Gelächter. So etwas wie ein Anflug von Denken umwölkte das schwielig fette Gesicht Vessel Dhaymes.

‚Ich glaube … Ihr … Ihr übertreibt gehörig. Diese Kinder sind doch nur dem Hunger verfallen. Sie klauen einen Gutteil der Ernte der Bauern …‘

Diesmal fuhr ich dem Dicken dazwischen:

‚… so sie nicht vom selbstsüchtigen „König“ bereits vernichtet wurde.‘

Grimmig verstummte mein hässlicher Gesprächspartner und begann, auf seinen schmutzigen Nägeln herumzukauen.

Ich aber entschloss mich dazu, das letzte, verständlicherweise eher heikle Thema anzusprechen, die Rasse, der der blubbernde Kretin angehörte:

‚Was die Menschen dagegen betrifft …‘

Sofort fuhr die kraftlose Masse aus dem Stuhl hoch, ja, sie wurde regelrecht herauskatapultiert:

‚Ja, endlich kommt Ihr mal zur Wahrheit. Wir Menschen sind es doch, deren Erfindungsreichtum und Forscherdrang die Welt voranbringt, der unbedingte Wille zu siegen und Licht bis in die dunkelste Ecke des Daseins schicken, dies sind sicher Ideale und Qualitäten, nach denen auch diese Trevis streben, denen Ihr ja nun dummerweise angehört.‘

Ich nickte zustimmend:

‚Ja, diese Eigenschaften findet man durchaus in Menschen. Sie sind äußerst ausgeglichen, das Schwert, Zaakh genannt, wird von Ihnen geführt wie die Waffe von Königen, von Champions, deren Namen den Trves heilig ist. Ich habe mit Nicolai manche Schlacht geschlagen, zog mit Gulahr ins Gefecht, sah EXCALIBUR und den Vollstrecker großen Schaden unter den Feinden dieser Kämpfer anrichten, ich konnte das Schwertmeisterschwert und Gram, den Rachestahl bewundern, bevor sie blutbespritzt von den Zaakh-Meistern im Kampf mir beistanden … ja, ich kenne Menschen, mit denen ich ohne zu zögern in den Krieg ziehen würde, um mich Rücken an Rücken zu opfern, wenn es sein muss.

Doch Ihr, Vessel, werdet niemals diese Gefühle in mir wecken, niemals. „Dem freien Geist der Gemeinschaft der Trves unterwerfen wir uns, wohl wissend, dass wir Teil seiner sind. Kein äußeres Gesetz soll unser Handeln beschränken, kein fremder Herrscher Willkür zu Recht erheben.“ Dies, unwerter König, sind die Worte, die ich bei meiner Vereidigung schon aus freien Stücken schwor, und sie lassen mich jeden Tag fester werden in meinem Entschluss, faulen Potentaten wie Euch den Widerstand zu schwören. Die Trves sind nicht etwa die Zusammenrottungen verschiedener Rassen unterschiedlicher Interessen. Sie einigt die Kunst des Kampfes zum Zweck der Bewahrung des Friedens. „Verstandesklarheit und Sinnesschärfe leite unser Denken. Nutzloses und Eitles tropfe ab an uns, verachtenswert seien Dummheit und Ignoranz.“‘

Lange blieb es still im Gemach. Steward und Winslow standen hinter mir, ich spürte es. Auf einen fast unmerklichen Wink des Bettlerkönigs hin öffneten sie mir die Ketten an meinen Händen. Als sie mich hinausgeleiteten, rief mir Vessel noch etwas hinterher:

‚Das war ja wirklich … amüsant. Blutgier Knochenbrecher, Ihr seid mir doch stets willkommen. Richtet den Salzhändlern aus, dass ich das Zehnt nicht erhöhen werde. Zumindest nicht dieses Jahr. Und schaut wieder herein, wenn Ihr in dieser Gegend seid. Wir freuen uns mehr denn je.‘

Ich verstand die Drohung, mein Kommandant. Ich kehrte Ahmpang den Rücken, obwohl ich wusste, dass mich die Stadt brauchte. Doch erst will ich meine Ausbildung im Struv beenden, ehe ich mich wieder den Problemen der Welt widme. Möge der Bericht Euch ausreichend sein und den Trves eine Hilfe im Zusammenleben.

Takal’Mor Blutgier Knochenbrecher

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