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Zyklopenkulte auf Krylaios

- von Ifle -

Nun war es endlich soweit. Ich hatte weder große Heldentaten vollbracht noch mich durch besonderen Mut in Schlachten auszeichnen können und trotzdem wollte mir Kommandant Brieseltrim die Chance geben, den Rang eines Zalkh‘Batar zu erreichen.

Meine Begeisterung hielt sich dennoch in Grenzen. Zum einen fand ich die Totenköpfe auf meinen Schulterstückchen viel dekorativer als eine ablaufende Sanduhr, zum anderen war ein Bericht immer mit Aufwand, wenn nicht sogar mit Gefahren verbunden. Und ich bin ein ganz besonders ängstlicher Elf, einer von denen, die lieber in der 4. oder 5. Kampfreihe stehen und zuschauen, wie sich vorne die Zwerge die Köpfe einschlagen lassen. Deshalb ging ich mit gemischten Gefühlen in das typischerweise schlachtfeldähnliche Empfangszimmer des Herrn Kommandanten. Mich an meine Ausbildung erinnernd versuchte ich möglichst zackig still zu stehen. Dann flog meine Hand mehr oder weniger elegant in Richtung Schläfe und ich grüßte Brieseltrim und stellte anschließend gleich die Frage nach meiner Beförderung. Ich wartete. Ich wartete weiter. Am Zucken der rechten Augenbraue von Brieseltrim erkannte ich angestrengtes Nachdenken. Endlich räusperte er sich, schaute mich an und sagte: „Ah, Du bist es. Habe da einen netten Auftrag. Will aber keinen meiner guten Kämpfer dafür verheizen, deshalb habe ich Dich dafür ausgewählt. Ich habe gehört, dass da so ein paar Einaugen sich auf einer Insel breit gemacht haben. Wesen mit nur einem Auge haben sicherlich was mit Zauberern zu tun, schaue mal nach, was die da so treiben!“

Klasse. Zauberer. Warum nicht gleich ein Bericht über Konsistenz und Geschmack von SSP-Schleim? Die Insel finden und erforschen sollte ich. Irgendwelche Kulte untersuchen. Und natürlich Schwachstellen ausfindig machen.

Nun ja, auf jeden Fall hörte es sich nicht sonderlich gefährlich an. Ich packte am gleichen Tag noch meine Sachen und versuchte erstmal mehr über diese geheimnisvolle Insel herauszubekommen. Nachdem ich diversen Hafenkneipen in Port Vain einen Besuch abgestattet hatte, wusste ich mehr. Die Insel hieß Krylaios, war vor nicht allzu langer Zeit aus dem Meer aufgetaucht, bestand größtenteils aus Basalt und war von Zyklopen bewohnt, welche nichts, aber auch gar nichts mit den hochgeschätzten Zauberern zu tun hatte. Meine Laune stieg beachtlich. Immerhin klang das ja eher nach Strand, Sonne und Urlaub als nach Köpfe einschlagen und Gliedmaßen verlieren. Am einfachsten kam man mit der Jolle dorthin und bald schon stand ich am Strande von Krylaios. Hier nun sollte ich den Sachen also auf den Grund gehen.

Als Erstes waren natürlich die Bewohner auffallend. Selbst mich als Elfen überragten sie gewaltig, waren kräftig und hatten nur ein Auge. Nun ja, man konnte ja nichts dafür. Ich schlenderte ein wenig durch die Stadt, labte mich an den einheimischen Spezialitäten und kaufte schon mal ein paar Souvenirs für die Daheimgebliebenen. Und dann, wie es sich als Gast gehört, lief ich gleich zum König Kolossos II., stellte mich vor und sah dann zwei Personen, die ich sofort zur Spezies Zauberer zugeordnet hätte. Und dem war dann auch fast so. Vitos war ein Geweihter der Apollinaris, Vesuvia eine Priesterin des Phillumenos. Das könnte Brieseltrim dann doch interessieren und so fragte ich die beiden gleich mal aus. Apollinaris und Phillumenos waren das hier angebetete Götterpaar, uneingeschränkte Herrscher über Luft, Wasser, Feuer und Erz. Sie machten all das, was Göttern halt so machen sollten: Auf Reisen beschützen, Wohlstand bescheren (in diesem Fall besteht Wohlstand aus Fisch und Meeresfrüchten), vor Ungläubigen bewahren und natürlich unerschöpflich gütig und unglaublich mächtig sein. Der Tempel der Apollinaris sollte sich irgendwo auf der Insel befinden, der Tempel von Phillumenos wurde vom heiligen Vulkan Atos auf der Insel Illuminatos beherbergt und war für Fremde (noch) nicht zugänglich. So die ersten Informationen. Nachdem ich mich ein bisschen im Palast umgeschaut hatte und dank meiner ängstlichen Art auch eine alternative Fluchtmöglichkeit aus dem Thronsaal entdeckte, wollte ich nun doch auch die Königin mal sehen. Der König gewährte mir eine Audienz und so sah ich gleich die Möglichkeit, mich einzukratzen, indem ich der Königin einen kleinen Gefallen tun könnte. Allerdings war sie sich noch nicht ganz sicher in der Aufgabenstellung, so dass es sich sicherlich lohnt, später noch mal bei ihr vorbeizuschauen.

Dann verließ ich den Palast und erkundete weiter die Insel. Bei dieser Gelegenheit entdeckte ich auch den versteckten Tempel der Apollinaris. An der Ostseite von Krylaios hatte sich eine tiefe Grotte gebildet, in der sich ein paar Geweihte zurückgezogen hatten. Die Grotte an sich wirkte recht schlicht, das einzig auffällige war ein See mit wirklich beunruhigendem Leuchten und eine verschlossene Tür, hinter der sich das geheime Wissen von Krylaios befand. Später sollte ich erfahren, dass das Angstgefühl bei dem See nicht ganz unbegründet war und die Informationen in der Bibliothek mir wirklich weitergeholfen, wenn nicht sogar das Leben gerettet hatten. Am See fand ich dann auch die Hochgeweihte Assindia, welche mir noch ein wenig von Apollinaris erzählte und mich noch mal ausdrücklich vor ihr warnte. ‚So, so‘, dachte ich mir, doch dazu später. Und wie Frauen nun mal sind, konnte ich Assindia mit einem kleinen Geschenk dazu überreden, mir den Bibliotheksschlüssel auszuhändigen, wo ich dann viele interessante Informationen über Flora, Fauna und Geschichte Krylaios erfuhr. Besonders auffallend waren Gewächse, mit denen man tatsächlich unter Wasser atmen konnte, und ich beschloss, mir davon welche zu besorgen. Dann ging ich erstmal los, um den Rest der Insel auszukundschaften.

Ansonsten scheint es auf der Insel irgendwie ein Nahrungsproblem zu geben (die Götter waren wohl doch nicht so allmächtig), da diverse Wesen an Hunger litten und auf meine Hilfe angewiesen waren. Andere Wesen hatten dagegen eine Größe erreicht, welche wirklich besorgniserregend war und Rückschlüsse auf die fehlende Nahrung lieferte. Auch schien es irgendwelche schlechten Erfahrungen mit Müll gegeben zu haben, da ein lästiger Strandwächter immer dann auftaucht, wenn man klammheimlich versucht, was im Sand zu vergraben. Nun musste ich doch noch meine Waffe benutzen und vergrub die Leiche gleich neben dem benutzten Taschentuch. Um meine Aggressionen abzubauen, spielte ich ein bisschen im Sand und versuchte das Struv nachzubauen. Viel geholfen hat es aber nicht. Und so fielen meinem Speer erst ein Müllhaufen, dann nach und nach die restlichen oberirdischen Bewohner der Insel zum Opfer. Da zeigte es sich, dass Zyklopen sich sehr wohl ihrer Haut zu verteidigen wussten. Um den König einen Kopf kleiner zu machen, muss man wohl doch besser ein Team aufstellen und vor allem eine geordnete Flucht fertig bringen, da die Steilwände der Küste nicht zu unterschätzen sind. Auch die beiden Geistlichen an der Seite des Königs kommen ihrer Schutzfunktion ziemlich gut nach, gewisse Vorsicht ist da sicherlich angebracht. Dann stattete ich den Geweihten der Apollinaris auch noch einen Besuch ab. Die hatten mich scheinbar so lieb, dass sie gleich den Eingang verschlossen, was aber recht albern war und schnell gelöst werden konnte. Die Hochgeweihte war alles andere als ein schwaches Geschlecht, stand in keinen Dingen einem guten Zauberer nach und überschüttete mich mit Allem, was an Elementen scheinbar gerade vorhanden war. Außerdem konnte sie sich wirklich auf die Unterstützung ihrer Gottheit verlassen, was ich schmerzlich büßen musste und nur dank meines gesammelten Wissens über die Flora der Insel überlebte.

Nun doch die Nase voll habend von der ständigen Gefahr durch die viel größeren und stärkeren Zyklopen ins Meer geworfen zu werden, machte ich mich auf die Rückfahrt. So ein richtiger Urlaub ist es ja dann doch nicht geworden.

Nachdem ich meine Erfahrungen gesammelt und geordnet hatte, war schon genug Material für den Bericht zusammengekommen, sodass die noch kommenden und ungelösten Geheimnisse der Insel sicherlich für einen weiteren Bericht ausreichen werden. Deshalb beende ich hiermit meine Ausführungen zu den Eigenarten der Zyklopeninsel.

Takal’Mor Ifle

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