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Pelzige Wesen

- von Elaine -

„Geliebtes Feenkoboldmoppelchen.

Wie gerne würde ich jetzt an Deinen schillernden Libellenflügelchen knabbern. Ich kann den Zeitpunkt kaum erwarten, an dem ich Dich das nächste Mal wiedersehen werde. Ich liebe und begehre jeden einzelnen von Deinen schnuckeligen 70 cm und verzehre mich vor Sehnsucht nach Deiner umschmeichelnden, liebreizenden Art …“

Ja, das gefiel mir gut. Hatte ich wirklich wieder ganz hervorragend hinbekommen. Jetzt brauchte ich nur noch einen Trottel, der dieses Zeugnis meiner Liebe zum süßesten Wesen im Morgengrauen bringen würde. Bin schließlich ein vielbeschäftigter Mann und kann nicht alles selbst erledigen. Aber hierfür hatte ich schon einen ebenso simplen wie genialen Plan. Da gab es doch diese junge Kämpferin, die so größenwahnsinnig war, sich um einen Generalsposten zu bewerben. Genau die richtige Person für diesen Auftrag, da sie meines Wissens weder lesen noch scharf denken konnte. Ich konnte Elaine sowieso nicht leiden, zu arrogant, zu oft betrunken und zu aufmüpfig. Um zu verhindern, dass sie jemals den höchsten Gildenrang erreichen würde, habe ich für sie sogar ein besonders mieses Berichtsthema ausgewählt: Pelzige Wesen. Muahaha. Die würde ewig bloß Zerstörerin bleiben, für einen waschechten General hatte die einfach nicht das Zeug.

Ich verschloss den Brief und umhüllte ihn noch schnell mit einer Wolke meines dezenten Aftershaves, bevor ich mich auf meinem Stuhl zurücklehnte, um mich ein wenig zu erholen. War schließlich ein anstrengender Tag gewesen bis jetzt. Die junge Kämpferin, Elaine, hatte ich für den Nachmittag in mein Büro bestellt, also konnte ich mich noch in Ruhe in ein paar süße Tagträume fallen lassen.

Drei Stunden später schreckte ich aus meinem Schlaf auf: Jemand war in mein Büro geplatzt und fing an, unkontrolliert vor sich hin zu lallen! Ich rieb mir unauffällig die Augen und gab mir einen Anschein einer aufs Höchste beschäftigten Person (nach all den Jahren habe ich darin eine ziemliche Übung). Vor mir stand dieses Nichts von einer Kämpferin. Hatte ganz vergessen, dass ich sie ja bestellt hatte. Ich grölte erst einmal rum, was sie denn von Stillstehen und Grüßen hielte, aber viel mehr als ein war nicht aus ihr herauszukriegen. Umso besser!

„Elaine, soso“, murmelte ich und machte einen ungeheuer autoritären Eindruck dabei. „General willst Du werden, soso.“

Sie hatte sichtbare Schwierigkeiten, sich auf den Beinen zu halten, deshalb wartete ich eine Antwort gar nicht erst ab.

„Nun, da hätte ich eine kleine Aufgabe für Dich. Diesen Brief hier“, und ich kramte ihn unter meinem Hemd hervor. „Diesen Brief hier bringe für mich zu diesem Zaubipack in den Bergen. Es handelt sich um eine offizielle Beschwerde gegen Magie und Zauberei allgemein. Höchste Dringlichkeit. Er ist für die Oberhexe Llystrathe bestimmt und für niemanden sonst!“

Ich setzte noch schnell ein schwungvolles „An Llystrathe aus Taramis“ auf den Umschlag und drückte ihn dann der kleinen Schnepfe in die Hand.

„Soweit alles verstanden, Soldat?“ schrie ich sie an.

Sie schien gerade einen klaren Moment zu haben, denn sie sah auf und murmelte etwas von „Ja klar. Llystrathe. Persönlich. Ungeheure Ehre, danke Kommandant.“

Als sie schon beim Verlassen des Raumes war, fragte ich nochmal ganz scheinheilig: „Und, was macht der Bericht, Soldat?“

„Wie war nochmal das, ähm, Thema?“ lallte sie.

Ungeheuerlich war das, einfach ungeheuerlich! Ich ließ einen gehörigen Fluch los, woraufhin sie sich sichtlich geknickt verzog. Ha! Der hatte ich´s aber gegeben.

Als nächstes erholte ich mich noch ein wenig, doch nach zwei Stunden voll süßer Träume von meinem Feenhasischatzi packte mich die Neugier. War mein Brief bereits in ihren Händen? Las sie ihn vielleicht gerade jetzt? Oh ich musste einfach wissen, wo dieser Nichtsnutz von Elaine mit meinem Brief jetzt war. Doch für diesen Zweck hatte ich genau das Richtige: Llystrathe hatte mir vor gar nicht allzu langer Zeit, nach einer heißen Nacht, eine Kristallkugel geschenkt, mit der ich zu entfernten Orten blicken konnte! Ehrlich gesagt, Zauberei ist schon was unglaublich Tolles. Und was war das für eine Nacht gewesen damals! Einfach unbeschreiblich, mir wurde schon wieder ganz warm. Jene Nächte verbrachten meine Zuckerfee und ich so oft wir konnten in der Gilde der neutralen Tanji-Hühner. Denen ist alles so egal, dass sie sich gar nicht um meine Liebste und mich kümmern. Einfach genial! War natürlich mein Einfall gewesen, klar. Ich verharrte noch ein wenig in der Erinnerung an jene Nacht, bevor ich die Kristallkugel aus meinem Versteck herausholte und tief hineinblickte …

Ich sah Elaine in einem Raum, der mir irgendwie bekannt vorkam. Viele Bänke, Tische, leere und volle Bierkrüge und vor allem … Trves! Und alle sahen mehr oder weniger benebelt aus, Elaine jedoch eindeutig noch mehr. Das durfte doch nicht wahr sein, das war unsere Struvkneipe! Himmelarschundzwirn! Drei Stunden war das jetzt her und sie hatte gerade mal die paar Schritte geschafft! Zu dem Zeitpunkt kamen mir die ersten Zweifel, ob Elaine wirklich die Richtige für diesen Botengang war. Aber wäre ich nun zu ihr gegangen, dann hätte ich zweifelsohne Misstrauen erregt, und außerdem war sie wohl so betrunken, dass sie mich sowieso nicht verstanden hätte. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Ich platzte fast vor Wut. Wenn die wiederkommen würde, dann gäbe es was zu hören, was sich gewaschen hat!

Unbemerkt von ihrem Beobachter ertränkte Elaine ihren Trübsal in Bier – viel Bier. Sie hing über der Theke und versuchte gerade, sich an ihren Auftrag zu erinnern, als ihr jemand auf die Schulter klopfte. Es gelang ihr so gerade eben, nicht vom Stuhl zu fallen, und sie drehte sich um. Vor ihr stand Slax, einer ihrer ältesten Freunde und Leidensgenossen. Was hatten die beiden nicht schon zusammen erlebt und durchlitten, sie waren quasi zusammen aufgewachsen. Nachdem er ihr erst einmal ein paar gehörig große Tassen Kaffee bestellte, ging es Elaine dann etwas besser. Sie hatte nicht mehr das Gefühl, sich ihr Frühstück noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen und auch der Boden drehte sich nicht mehr so sehr.

„Ola Elaine! Du siehst aber gar nicht gut aus, was ist denn los mit Dir?“

„Kann mich nicht mehr erinnern, . Irgendwas Wichtiges war glaub ich … komm einfach nicht mehr drauf.“, murmelte sie.

Slax war schon General und genoss deshalb ein ziemlich großes Ansehen im Struv. Aber das war ihm zum Glück nicht zu Kopf gestiegen, was man bei Weitem nicht von jedem behaupten konnte.

Da es inzwischen schon recht spät war, beschlossen die beiden, zu ihren Seherhäusern zu gehen und sich ordentlich auszuschlafen. Morgen würden sie dann weitersehen. Wie es sich für einen echten General gehört, brachte Slax die immer noch ziemlich angetrunkene Elaine nach Hause, was gar nicht einfach war, da sie in einer Höhle weit über dem Meer lebte und sich beim Aufstieg schon so einige Male die Rippen gebrochen hatte.

Am nächsten Tag trafen die beiden sich zu nicht mehr ganz früher Stunde in Franks Abenteuerkneipe zu einem ausgedehnten Frühschoppen. Inzwischen war Elaines Erinnerungsvermögen zurückgekehrt und sie erzählte Slax von ihrem Auftrag, wenigstens das, was sie noch wusste.

„Einen Brief also?“ Slax runzelte die Stirn. „Zeig doch mal her.“

Elaine zog den Brief, der inzwischen schon ziemlich verknittert war, aus ihrer Tasche hervor und reichte ihn ihrem Freund.

„Llystrathe aus Taramis.“ Slax drehte den Brief in den Händen. „Was da wohl drinsteht?“

„‘Ist eine Beschwerde‘, meinte Briesel, ‚wegen der ständigen Zauberei von denen.‘“ erklärte Elaine und bestellte noch ein Bier.

Slax, der von Natur aus ungeheuer neugierig war, drehte den Brief hin und her und schließlich, Elaine konnte es kaum glauben, beschnupperte er ihn auch noch!

„Sag mal, spinnst Du?“, fragte sie ein wenig erstaunt.

Slax aber legte einen ungemein verschwörerischen Blick auf und dämpfte seine Stimme: „Fällt Dir denn hier gar nichts auf?“

„Mir fällt auf, dass Du Dich wie ein ziemlicher Trottel verhältst, wenn Du das meinst.“

Slax tippte mit dem Fuß auf den Boden.

„Nun, an einer Beschwerde an die Zauberer ist im Prinzip noch nichts ungewöhnlich“, erklärte Slax. „Aber dass diese Beschwerde in einem Umschlag aus rosa Briefpapier mit kleinen, pinken Herzchen drauf steckt, das ist doch zumindest schon einmal suspekt oder nicht?“

Irgendwie war Elaine diese Tatsache bisher noch gar nicht aufgefallen. Aber jetzt, wo sie sich das Ganze mal genauer ansah, kam es ihr in der Tat ein wenig … ungewöhnlich vor.

„Und jetzt riech doch mal dran!“ forderte Slax sie auf.

Sie tat, wie ihr geheißen, und rief erstaunt aus: „Old Spice!“

Das war jetzt aber wirklich verdächtig!

„Du meinst doch nicht etwa …“, stotterte Elaine langsam begreifend.

„Doch, genau das meine ich!“, entgegnete Slax. „Ich verwette meinen ganzen Monatssold, was zwar weiß Gott nicht viel ist, aber mehr hab ich nicht, darauf, dass Brieseltrim und Llystrathe da was ganz Heißes laufen haben.“

Elaine fiel fast schon wieder vom Stuhl, als ihr die Ungeheuerlichkeit dessen bewusst wurde. Brieseltrim und die Oberhexe? Das konnte einfach nicht wahr sein.

„Also wenn das stimmt und wenn das rauskommt, dann kann Briesel aber abdanken!“, stammelte Elaine entrüstet. „Und die Oberhexe gleich mit!“

„Ja, wenn es rauskommt …“ Slax zwinkerte ihr ganz verschwörerisch zu. „Aber erst einmal brauchen wir Gewissheit.“

„Und wie willst Du die bekommen?“

„Na Du lieferst den Brief ab. An ihrer Reaktion wirst Du dann schon erkennen, ob wir richtig liegen.“

Gesagt, getan. Die zwei machten sich auf den ganzen mühsamen Weg ins Cronoertal und redeten die ganze Zeit lang über nichts anderes als ihre neue Theorie.

Als die beiden gerade den Schnellimbiss erreichten, begegneten sie einer alten Freundin: Karima, eine starke Kriegerin der Tanjiangilde. Da Karima aber heute irgendwie nicht so gut aussah, hielten die zwei Freunde und erkundigten sich nach ihrem Wohlbefinden.

Karima verdrehte die Augen. „Ach wisst ihr, seit Wochen kriege ich kein Auge mehr zu. Irgendwie ist es nachts seit einiger Zeit immer so furchtbar laut in der Gilde und ich finde und finde einfach keine Ruhe. Ich habe sogar schon mit Siamil darüber gesprochen, doch der meinte nur, ich solle dem Ganzen etwas gleichgültiger gegenüberstehen. Dabei ist er aber so komisch rot geworden, und ich weiß gar nicht, was ich davon halten soll.“

Slax und Elaine tauschten geheimnisvolle Blicke. Sollten etwa … irgendwie passte das alles ziemlich gut zusammen. Nach ein paar Worten der Aufmunterung trennten sich ihre Wege wieder und die beiden zogen weiter.

Später am Tag standen sie endlich vor dem großen, um nicht zu sagen größenwahnsinnigen, Portal, das den Eingang zur Gilde der Hexen und Kurpfuscher darstellte. Irgendwie bedrückend, dieser Ort. Sie fassten sich aber ein Herz, schließlich kamen sie als Boten und man würde ihnen nichts anhaben dürfen. Sie betraten das Portal und nach wenigen Schritten stand Llystrathe vor ihnen, zusammen mit einem alten Mann, der sicher der Hausmeister war.

Ganz nach Zaubererart musterte Llystrathe sie erst einmal von oben bis unten, unterdrückte dann ein Gähnen und fragte dann betont gelangweilt: „Soso die Herren Kämpfer. Und wie kann ich den Damen und Herren weiterhelfen?“

Llystrathe war echt ein arrogantes Biest! Slax und Elaine aber zwinkerten sich heimlich zu.

„Ich komme im Auftrag von Kommandant Brieseltrim und überreiche Euch diesen Brief hier.“ entgegnete Elaine.

Sofort ging eine ganz seltsame Veränderung mit Llystrathe vor: Ihre Wangen röteten sich, ihr Atem ging schneller, ihre Lider und Flügel fingen ganz unkontrolliert an zu zittern und sie stieß hervor: „Von Brieseltrim? Ach, na sowas.“ Sie bekam auf einmal einen Hustenanfall.

„Na da danke ich Euch recht herzlich, ihr tapferen Kämpfer, na huch, ist das aufregend! Ups, ich meine es ist nicht aufregend! Es ist etwas ganz, ganz, äh, Ärgerliches! Sicher schon wieder eine Beschwerde über Magie und Zauberei.“

Hier färbten sich ihre Wangen nun in ein tiefes Dunkelrot, sie schnappte sich den Brief und verließ sogleich das Zimmer.

Auch Slax und Elaine stürzten schnell nach draußen, denn sie standen kurz vor einem gewaltigen Lachanfall und wollten sich nicht vor dem Hausmeister blamieren.

Als sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, machten sie sich wieder auf den Weg in Franks Abenteurerkneipe, um alles noch einmal ganz genau zu besprechen und dabei das ein oder andere Bier zu heben.

„Na das war ein Abenteuer!“, lachte Elaine.

„Und es ist noch nicht zu Ende“, zwinkerte Slax ihr zu.

„Nicht?“ Elaine war manchmal etwas langsam.

„Denk doch mal nach …“ Aber Slax war zum Glück geduldig.

„Wenn das rauskommt …“, meinte er.

„… dann sind die beiden am Ende.“, beendete Elaine den Satz.

„Genau! Und jetzt denk doch mal ganz scharf nach.“

Elaine gab sich sichtlich Mühe, aber irgendwie war sie heute gedanklich nicht so fit.

„Na Du willst doch General werden, Elaine. Und was fehlt Dir denn dazu noch?“

„Nur noch der Bericht – über pelzige Wesen“, seufzte Elaine. „Damit wollte mir der Briesel eins auswischen, sag ich Dir. Der kann mich nicht leiden.“

„Und jetzt wissen wir etwas über ihn, was ihm bestimmt einiges wert ist …“ meinte Slax, und er machte wieder so ein verschwörerisches Gesicht dabei …

Ja, all das beobachtete ich in der Kristallkugel. Das durfte doch gottverdammtnocheinmal nicht wahr sein! Diese zwei Würmer! Dieser Abschaum! Dieses elende Pack! Gottverdammich.

Und dabei hatte ich alles so geschickt angestellt! Diesen Slax, den würde ich sofort degradieren, oder besser unehrenhaft entlassen. Und die kleine Schnepfe gleich mit! Können ja sehen, wo sie dann bleiben, hier jedenfalls nicht. Himmel nochmal!

Ich schmiedete bereits die schillerndsten Rachepläne und versank in Träumen von Fesselspielchen und Peitschenhieben, die jedoch diesmal alles andere als angenehm für den Betreffenden waren.

Doch es sollte anders kommen …

Ich will es kurz machen.

Die beiden dreckigen Parasiten tauchten bei mir auf. Und sie machten mir ein Angebot, dass ich leider nicht ausschlagen konnte.

Meine Rachephantasien sollten Phantasien bleiben, denn ich wurde das Opfer einer schamlosen Erpressung.

Und jetzt sitze ich hier und muss schreiben. Schreiben über Hobbits und Felinen, über Polarfüchse, Schneehasen und Lemminge, über Werwölfe, Dravikatzen, Urbären, Pararatten, Fenriswölfe und Yetis.

Über all diese pelzigen Wesen, für die sich im Grunde genommen niemand interessiert.

Gottverdammt, wer hat sich dieses ARSCHTHEMA ausgedacht?!

Bis Brieseltrim den Bericht fertiggestellt hat, bleibt dieses Dokument als Beweis für Elaines Befähigung zum General hier verfügbar. Konsequenzen von Seiten des Hauptmannes hab ich ja glücklicherweise nicht zu befürchten :-)

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