- von Nial -
Wie so häufig marschierte ich wieder einmal zu unserem Kommandanten und fragte ihn, nachdem ich ihm die nötige Ehre erwiesen habe, nach meiner (schon lange überfälligen) Beförderung. Als Antwort bekam ich jene, die ich mir schon seit Jahren herbeigesehnt habe: Ziehe hinaus und berichte mir über einen legendären Feind, der sich der Insektenkönig nennt. Nun, ums kurz zu fassen, ich sortierte also meine Waffen, kleidete mich standesgemäß, verabschiedete mich von meinen Freunden und begab mich, obwohl es schon spät geworden war, in den Lesesaal eines renommierten Hotels.
Während des intensiven Studiums eines seltsamen Buches überkam mich auf einmal ein recht merkwürdiges Gefühl und ich fand mich in einem seltsamen Traum wieder. Nach kurzer Suche begegnete ich dann auch den schon im Buch erwähnten Wuseln. Eine Unterhaltung mit diesen stellte sich jedoch als höchst unbefriedigend heraus. Also verlagerte ich die Unterhaltung auf eher stählerne Themen und konnte zu meiner Verwunderung feststellen, dass einige meiner wohlgezielten Attacken andere als die von mir erwarteten Folgen hatten. Mir gelang es aber, genügend erfolgreiche Schläge auszuteilen und die Diskussion nicht nur zu beenden, sondern auch für mich zu entscheiden.
Motiviert durch diese Art von Abwechslung fand ich den Weg zu einer wohlgeformten Puppe. Wie sich zu meinem Bedauern herausstellte, war ich auf meiner Suche nach dem Insektenkönig auch bei ihr fehl am Platz. Allerdings, so sei angemerkt, das Kräftemessen mit ihr stellte sich interessanter heraus als zuerst angenommen. Versteht sie sich doch darauf, sich erst hinter ihren Freunden zu verstecken, um dann wider Erwarten mit einigen Tricks den Kampf interessanter zu gestalten.
Meine weitere Suche im Tal erwies sich als erfolglos und so beschloss ich, erst einmal einen Weg nach Hause zu finden, denn mittlerweile war es schon sehr spät geworden und ich pflege meine Abende lieber mit meiner Frau in meinem Haus zu verbringen. Der Rückweg erwies sich als wenig beschwerlich und so fand ich die Stelle, an der ich aus diesem sonderbaren Traum wieder erwachen konnte.
Am nächsten Tag – welch herrlich Nacht hatte ich mit meinem Weib – begab ich mich also wieder in den Lesesaal und vertiefte mich in das Studium des Buches. Wieder stand ich in diesem Wald. Im Gegensatz zu meinem vorherigen Besuch wirkte alles viel heller und freundlicher. Übermütig wie ich mich fühlte, begann ich mit den Felsen zu spielen, teils weil es einfach ein schöner Tag war, teils um zu schauen, ob das goldene Sportabzeichen zurecht noch so hell und glänzend an meinem Kragen strahlt. Bekanntlich kommt ja Übermut vor dem Fall und so stürzte ich durch eine Klappe, die ich vorher noch nie bemerkt hatte. Erschrocken musste ich feststellen, dass ich gefangen war – so sah es zumindest zuerst aus. Jedoch stellte sich bei genauerer Betrachtung der Lage heraus, dass ich endlich das Ziel meiner Expedition erreicht hatte: Den Insektenkönig.
Voller Kampfeswut stürzte ich mich auf ihn und musste zu meinem Entsetzen feststellen, dass der Name mehr als verdient war. Der Insektenkönig schaffte es nicht nur, mich genauso oft zu treffen wie ich ihn, sondern ich befand mich auch plötzlich in einem Meer von Kleingetier, welches aus allen Löchern gekrochen kam, um ihrem König zu helfen. Zu meinem Erstaunen stellte sich bei genauem Hinsehen heraus, dass der Insektenkönig über mehr gebietet als nur den Insekten, fand ich doch Krebsartige, Gliederfüßler und selbst Spinnenartige vor. Nur eins schien diese Flut von Kleingetier gemein zu haben: ihre Widerwärtigkeit und Größe. Schnell wurde mir klar, dass ich alleine diesen Ansturm nicht bewältigen würde und so suchte ich mir Mitstreiter, um den Insektenkönig zur Strecke zu bringen. Neben der höheren Kampfkraft, die mir nun zur Verfügung stand, kam es aber auch zu kleineren Problemen, trampelte mir doch erst ein Spitzhut auf den Füßen rum, um dann kopflos durch die Gegend zu rennen – aber so sind sie nun mal, verwirrte Geister machen verwirrende Sachen – dieser unaufmerksame Zeitgenosse verstarb dann auch – möge seine nächste Reinkarnation einen kühleren Kopf bewahren. Aber schließlich wurde ich Herr über den Insektenkönig und musste entsetzt zusehen, wie sich der Insektenkönig in eine riesige Spinne verwandelte. Wie sich zum Glück jedoch herausstellte, war der Insektenkönig in dieser Körperform kein würdigerer Gegner mehr, sodass ich schon nach kurzer Zeit einen triumphalen Todesstoß ansetzen konnte. Belohnt wurde ich durch einen weit hallenden Ruf, der da erklang:
„Nial hat soeben den Insektenkönig getötet!“
Nun lagen sie also vor mir, die Reste des Insektenkönigs. Bei näherem Betrachten fand ich zwischen den unzähligen Kadavern ein Amulett, einen glänzenden Spinnenpanzer und ein Spinnenbein. Letztere beiden entschädigen den Aufwand bei Weitem nicht. Was das Amulett vermag, bin ich im Moment nicht imstande zu sagen, halte ich doch schon seit Stunden eine unförmige Schreibfeder statt eines wohl ausgewogenen Schwertes in den Händen.
Takal´Mor Vanir ap Nial im Range eines Zerstörers
im 6. Jahr seiner Dienstzeit am 14.06.2002